Mäuse kaufen: Zoohandlung als gute Wahl?

An Zoohandlungen scheiden sich die Geister. Die einen meinen, genau ihr Laden sei doch sehr gut. Die anderen halten dagegen, Zoohandlungen seien eine Katastrophe. In 99 von 100 Fällen muss ich letzterem Recht geben.

Dort, wo so mancher Tiere und Beratung sucht, herrscht oft mehr als mangelhaftes Wissen über Mäuse als Haustiere. Auch die Auswahl an Futter, Gehegen und Zubehör ist oft dünn bis nicht vorhanden, sucht man etwas Artgerechtes. Nur erschließt sich das gerade Anfängern (noch) nicht. Die Verkäufer wirken kompetent, die Tiere gesund. Was spricht also gegen Zoohandlungen – insbesondere für den Tierkauf, aber auch als beratende Instanz? Die Hauptgründe habe ich Ihnen aus meiner Beratungspraxis heraus einmal zusammengestellt. Das bittere Fazit aus jedem einzelnen Grund: Wer in der Zoohandlung kauft, kauft in der Regel die Probleme gleich mit.

Farbmausbabys

1. "Huch!? Wo kommt ihr denn her?" - Ungewollter Nachwuchs

Gefühlt jeder dritte Zoohandlungskäufer läuft in Foren, sozialen Netzwerken oder direkt bei mir mit ungewolltem Nachwuchs auf. Die Ursache: Die Geschlechter stimmen nicht oder sie haben ein (oder gar mehrere) tragende Weibchen erworben. Zu den Geschlechtern siehe 2. Bei tragenden Weibchen wundern sich viele: “Aber die kamen doch aus einer reinen Weibchengruppe?” oder “Hält man die nicht grundsätzlich getrennt?” Nein, bei Mäusen hält so mancher Laden Männer und Mädels bewusst zusammen. In einigen Zoohandlungen stimmt auch einfach die Geschlechterbestimmung nicht. Vor allem bei sehr vermehrungsfreudigen Arten wie Farbmäusen oder Vielzitzenmäusen stellt das den Mäuseneuling schnell vor ein organisatorisches – und finanzielles – Problem. Wer seine Böcke nicht verfüttern (lassen) möchte, darf nach 4 bis 6 Euro Kaufpreis für eine Maus, die nun hauseigenen Jungs für das Zehnfache kastrieren lassen.

Farbmäuse in Großgruppe schauen aus dem Häuschen

2. "Ich wollte doch Mädchen!" - Falsche Geschlechterbestimmung

Dass Sie nur ein Geschlecht möchten und auch nur eins bekommen, ist bei Zoohandlungen eher Glückssache. Eine falsche Geschlechterbestimmung ist die häufigste Ursache für den oben erwähnten Nachwuchs. Das böse Erwachen kommt je nach Mausart und Alter der erworbenen Tiere nach 4 Wochen bis 6 Monaten.

Wer den Fehler also vor kurzem erst begangen hat, der sollte unbedingt nochmal die Geschlechter prüfen. Sind Sie vom Zoohandlungskauf auch nach Lektüre dieses Textes nicht abzubringen, rate ich dringend: Prüfen Sie die Geschlechter noch vor Ort (so Sie das können) oder lassen Sie sie umgehend prüfen.

verletzter Farbmausbock

3. "Das sind doch Brüder!" - Farbmausböcke aus dem Zooladen

Ein Klassiker ist die Böckchengruppe aus dem Zooladen. Der frischgebackene Mausbesitzer freut sich an den zuckersüßen Tieren – die schon wenig später anfangen, sich wenig zuckersüß zu zerlegen. So mancher Anfänger versteht die Welt nicht mehr. Im Zooladen haben sie doch gesagt, das sind Brüder, die vertragen sich. Die bittere Wahrheit: Wer Ihnen das erzählt, erzählt den größten Schwachsinn, den man zu Farbmäusen erzählen kann. In 95% aller Fälle sehen die Jungs früher oder später aus wie auf dem Bild hier – oder noch schlimmer. Eine Kastration ist dann unumgänglich – eine Investition, die viele Anfänger nicht planen. Hinzu kommt: Müssen Sie die Jungs trennen, damit sie sich nicht völlig zerlegen, müssen Sie sich deutlich früher als gedacht mit einer Vergesellschaftung auseinandersetzen – und dann auch noch mit einer Konstellation, die für den allerersten Anlauf nicht die günstigste ist.

4. "Die im Zooladen haben aber gesagt ..." - Fehlinformationen

Eigentlich brauchen Zoohändler für die Erlaubnis des Lebendtierverkaufs einen Sachkundenachweis. Auf Sachkunde zählen Sie als Kunde allerdings beim Gros der Läden vergeblich. Zu kleine Käfige, falsche Fütterungsinformationen, ungeeignete Futterempfehlungen, problembehaftete Gruppenkonstellationen im Verkauf, … Die Liste der Patzer ist lang und in der Regel baden die Tiere sie aus.

Die Fehler fallen nämlich bestenfalls auf, wenn der Halter sich mit anderen Haltern austauscht. Schlimmstenfalls leben die Mäuse ihr ganzes Leben unter (teilweise) ungeeigneten Bedingungen. Sollten Sie also in einem sogenannten Fachhandel beraten worden sein, prüfen Sie diese Infos noch einmal gründlich gegen. Die Chance, dass sie (zumindest teilweise) falsch sind, ist hoch.

Junge Vielzitzenmäuse in der Badewanne

5. Das Märchen vom guten Züchter nebenan

“Wir bekommen unsere Mäuse von einem verantwortungsvollen Züchter hier in der Nähe.” Die Aussage bekommt so ziemlich jeder Kunde im Laden auf die Nachfrage zur Herkunft der kleinen Nager. Was nach einem liebevollen Züchter mit ein paar Dutzend Mäusen klingt, ist in Wahrheit oft eine Massenzucht und “in der Nähe” kann auch durchaus in Holland oder Tschechien sein. Nur sagt Ihnen das natürlich niemand.
In den ausländischen Großzuchten werden kleine Nager aller Art in Racks voller Makrolonboxen zu Zehntausenden vermehrt und für wenige Cent in alle Welt verscherbelt. Deutsche Großzüchter greifen ebenfalls auf diese Haltung zurück – die dann auch gern in Wirtschaftsgebäuden, Schuppen und Scheunen betrieben wird. Das Idyll von den Zooladenmäusen aus dem Züchterwohnzimmer ist also in etwa so realistisch wie die Kuh auf der Weide auf einer Milchpackung: Kann vorkommen, ist aber nicht die Regel.

 Weitere Einblicke bekommen Sie auch in den untenstehenden Videos, die trotz ihres Publikationsdatums leider nichts an Aktualität verloren haben.