Exotische Mäuse als Wildfänge

Jede neue in Menschenhand gehaltene Tierart beginnt ihre Karriere als Haustier mit Wildfängen. Das ist bei (exotischen) Mäusen nicht anders. Wildfang bedeutet, dass ein Tier im Heimatgebiet aus freier Wildbahn entnommen, nach Deutschland transportiert und hier nach der Quarantäne verkauft wird. Während dieses Thema beispielsweise bei Vogel- oer Reptilienhaltern heiß diskutiert wird, scheint es im Bereich der Kleinsäuger ein eher vergessenes Problem zu sein, das hier einmal etwas näher beleuchtet werden soll.

Warum Wildfänge bei exotischen Mäusen?

Große Wüstenspringmaus
Große Wüstenpringmäuse sind öfter Wildfänge

Wildfänge werden vor allem bei solchen Tieren gemacht, die in der Haustierhaltung noch nicht oder kaum vertreten sind. Mit ihnen versuchen Züchter in der Regel eine Zucht aufzubauen, um so zahmere, an den Menschen gewöhnte Tiere zu bekommen und auch, um Wildfänge zu vermeiden. Eine gezielte Zucht von Farben und Formen setzt erst lange nach den ersten Wildfängen ein.

Ebenfalls wild gefangen werden Arten, bei denen der Genpool der in Gefangenschaft gehaltenen Tiere nicht für eine Zucht gesunder Tiere ausreicht. Hier dienen Wildfänge dazu, die Blutlinien der Zuchten aufzufrischen, um eine zu starke Inzucht durch zu wenige Zuchttiere zu vermeiden.

Auch bei Arten, die sich in Gefangenschaft (noch) nicht oder nur sehr schwer nachziehen lassen, werden immer wieder Tiere in der freien Natur entnommen. Hier bestimmt die Nachfrage nach den Tieren, wie viele und wie oft Tiere gefangen werden. Ziel muss es hier sein, die Nachzucht der Tiere zu einem regelmäßigen Ereignis zu machen. Dazu müssen die Tiere in Gefangenschaft beobachtet, mit Haltungs- und Fütterungsformen experimentiert werden.

Da Wildfänge, die aus der Nachfrage von Hobbyhaltern im Gegensatz zu Zwecken der Neueinführung oder Blutauffrischung nicht notwendig sind, sollten Sie als Hobbyhalter nach Möglichkeit den Erwerb von Wildfängen vermeiden und lieber etwas länger nach Nachzuchten suchen. Gründe dafür liefert das folgende Kapitel.

Warum auf Wildfänge verzichten?

Als Kunde sehen Sie ein Tier in der Zoohandlung, an dessen Gehege die Buchstaben „WF“ für Wildfang stehen. Nicht nur hat dieses Tier aus seiner Sicht ein wahres Martyrium hinter sich, es steht auch für mehr oder weniger viele Artgenossen, die den oft langen Weg aus ihrer Heimat in den Laden nicht überlebt haben. Das sind bei Wirbeltieren bis zu 90% der ursprünglich gefangenen Tiere.

Shaw-Rennmäuse
Shaw-Rennmäuse: Heute meistens Nachzuchten

Während der Fangaktionen, aber mehrheitlich während des Transports oder kurz danach versterben Wildfänge an Stress, Verletzungen und anderen Ursachen. Wenn Sie also im Laden einen exotischen Wildfang kaufen, bezahlen Sie damit auch die Tiere, die auf dem Weg vom Lebensraum in den Schaukasten des Ladens auf der Strecke geblieben sind.

Ob es denn ein Wildfang sein muss, ist auch aus anderer Sicht zweifelhaft. Nicht nur, dass Wildfänge unbemerkt Parasiten sowie bekannte, aber auch neue Krankheiten mitbringen können, sie sind auch das Leben mit dem Menschen nicht gewohnt und sehr scheu. Für das Tier entsteht durch den erzwungenen, ständigen Kontakt mehr oder minder großer Stress. Wildfänge bleiben in der Regel lebenslang deutlich scheuer und ängstlicher als Nachzuchten. Schon die erste in Gefangenschaft geborene Generation ist meist deutlich ruhiger.

Dazu kommt die Umgewöhnung, die dem Wildfang aufgezwungen wird. Zum einen sind es die Mäuse nicht gewohnt, dass ihr Lebensraum begrenzt ist. Ist das Gehege dann vielleicht noch zu klein, wird es doppelt leidvoll für die Kreatur. Zum anderen wird auch die Ernährung verändert, da die Tiere in Heimtierhaltung in der Regel nicht wie in freier Wildbahn ernährt werden können. Zu einem guten Teil können Sie schlicht das entsprechende Futter nicht kaufen, das die Tiere in freier Wildbahn zu sich nehmen würden.

Verzichten Sie daher als reiner Hobbyhalter auf den Kauf von Wildfängen!