Mäuse sind Quantenteilchen. Da bin ich mir ganz sicher! Wer sich schon mal mit Quantenphysik beschäftigt hat, kennt das Bild: Solange man hinguckt, kocht das Wasser im Quantenkessel nicht. Erst wenn man sich wegdreht, pfeift das Kesselchen.
Mit Mäusen ist das ähnlich. Am besten lässt sich das in Vergesellschaftungen und bei nicht ganz stabilen Gruppen beobachten. Kaum dreht man sich um, ertönt lautstarkes Gepiepse, Gemecker und Gezeter. Je nach Qualität der Geräuschkulisse geht man dann entsetzt von aus, dass sich die plüschigen, kleinen Lieblingsnager grad gegenseitig umbringen oder es zumindest versuchen – und guckt natürlich sofort, was los ist, um notfalls lebensrettende Maßnahmen einleiten zu können.
Doch kaum fahndet man nach den Übeltätern, schauen einen nur große, unschuldige Knopfaugen an: ‘Wiiiiiiiiir??? Wir doch nicht! Nie würden wir zanken und schon gar nicht miteinander.’ Natürlich ist es keiner gewesen. Hmmm, dann kann es ja nicht so schlimm sein. War bestimmt nur eine Eintagsfliege, denkt man sich als argloser Körnergeber. Ist ja schon wieder Ruhe. Pustekuchen. Kaum dreht man sich um, geht es weiter.
Quantennörgels in der Badewanne
Bestes Beispiel: meine Nörgels. Die haben nämlich Zuwachs bekommen. Also ab mit dem kleinen, rostbraunen Flauschgeschwader in die Wanne. Transportbox bekommt ihnen ja nicht so gut. Dass da erstmal fleißig in der Gegend rumgenörgelt werden muss, ist normal und deshalb ok. Schließlich wurde man seines Habitats entrissen und mit fremden Artgenossen in eine gruselig olivgrüne Badewanne gesteckt.
In diesem Relikt aus den 70er Jahren beschnuppert und benörgelt man sich gute 30 Minuten. Danach haben die Mäuse keine Lust mehr. Man stapelt sich in zwei neu durchmischten Lagern an den gegenüberliegenden Enden der Wanne. Na, das war jetzt nicht mein Traum. Also bleiben sie noch eine Weile drin. Aber solange sie schlafen, mach ich mir ein Brot. Ich bin noch nicht ganz zur Tür raus, da nörgelt es hinter mir Zeter und Mordio. Als ich zur Wanne hechte und rein schaue, gucken mich 12 Kopfaugenpaare unschuldigst an, was ich denn von ihnen wolle – und der Raum wird von 12 kleinen Mäuseheiligenscheinen bis in den letzten Winkel erleuchtet.
Das Quantenteekesselchenspiel
Über das, was dann folgt, dürfen jetzt nur die lachen, die selber schon Opfer der Quantenmäuse geworden sind. Vom Rest erwarte ich Mitleid! Da sitzen sie nämlich, meine Heiligenscheinchen, und gucken mich mit unschuldigstem “Möhrchen?”-Blick an. Jaaaaa, bekommt ihr. So eine gemeinsame Mahlzeit kann ja ungemein verbinden. Ich hab das Bad kaum verlassen, da nörgelt es wieder nach Kräften. Schnell hole ich die Möhre und wetze eiligst zurück ins Bad. Hier scheint nämlich grad die eine Fraktion die andere aufzufressen – natürlich nur, bis ich in die Wanne gucke. Erwartungsvoll strahlen mich die kleinen, schwarzen Kopfaugen aus den rostbraunen Pelzgesichtchen an. ‘Nun gib schon die Möhre her.’
Möhre rein, kurz zugeguckt. Alles schmatzt. Soweit ist Frieden. Ich drehe mich zum Gehen, als es hinter mir in den höchsten Oktaven zetert. Ok, das ist kein Essensnörgeln. Doch als ich gucke, ist Totenstille und gar biblischer Frieden. Kaum gucke ich weg, geht es weiter. Nach drei Anläufen, das Bad zu verlassen, gehe ich trotz Genörgel einfach raus. Langsam hab ich nämlich das Gefühl, die kleinen Monster lachen mich aus.
Natürlich nörgelt es fleißig. Ich guck ja nicht hin. Schließlich rutscht das Genörgel zwei Oktaven nach oben, sodass ich wie ein geölter Blitz wieder um die Ecke wetze – nur, um völlig arglose Mäuse vorzufinden. ‘Streiten? Wir? Wie kommst Du da drauf?’ Seufzend klappe ich den Klodeckel runter und hocke mich mit meiner Prüfungslektüre auf’s Klo. So kann ich schon gucken, wenn sie nur Luft holen zum Nörgeln.
Quantenteilchen mit Frisur
So geht das Spielchen dann geschlagene vier Stunden hin und her: Nörgeln – Gucken – Heiligenschein. Nörgeln – Gucken – …. Na, Ihr wisst schon. Doch dann klappt es und ich stelle alle Gesetze der Mäusephysik auf den Kopf. Ich hab den Übeltäter erwischt. Der wird gleich rausgefischt und bekommt mit der Nagelschere eine schicke Frisur auf den Bobbes. Danach zieht mein frisch frisiertes Quantenteilchen beleidigt wieder ab und es ist endlich Ruhe – auch wenn ich weggucke. Wahrscheinlich macht das Teekesselchenspiel so keinen Spaß mehr.
Warum ich die Maus frisiere? Na, habt Ihr schon mal bei 12 wildfarbenen Mäusen versucht, im Eifer des Gefechtes den Übeltäter im Auge zu behalten und auch am nächsten Morgen noch eindeutig identifizieren zu können? Und außerdem … Irgendwie müssen wir ja die Gesetze der normalen Physik wieder herstellen. Sonst kommen mir die Mäuse demnächst noch mit Hawking, Heisenberg oder Einstein!