Argumente zur Einzelhaltung

Die wird doch so viel zahmer!

Immer noch hartnäckig hält sich die Mär, dass Mäuse zahmer werden, wenn man sie entgegen ihren natürlichen Bedürfnissen allein hält.
Tatsächlich wird ein Teil der Tiere geradezu unnatürlich zahm. Eine solche Maus kommt angerannt, sobald der Halter sich dem Käfig nähert, und lässt sich auch streicheln. Jedoch tut sie das nicht, weil sie ihren Halter liebt, sondern aus purer Verzweiflung. Sie braucht als soziales Tier Kontakt und Berührung, die sie eben nur vom Halter erhält. Trotzdem bleibt ein Großteil ihres Kontaktbedürfnisses unbefriedigt, da der Mensch kein mäusisches Verhaltensrepertoire bieten kann.

Wer seine Maus allein hält, um sie zahmer zu bekommen, kann damit aber auch das genaue Gegenteil bewirken. Je nach Charakter des Individuums werden manche Mäuse eben nicht zahmer, sondern noch scheuer, einige sogar bissig, andere eher antriebslos bis apathisch. Einzelhaltung ist also kein Garant für zahme Tiere, genauso wie Gruppen nicht immer scheu bleiben müssen. Auch in Gruppen lebende Mäuse können sehr zahm und auf ihren Halter fixiert sein.

Der Kontakt zum Menschen reicht doch!

Vielzitzenmaus auf der Hand
Das verstehen Mäuse nicht unter Sozialkontakt!

Mitunter ist Haltern von Einzelmäusen gar nicht klar, wie einsam ihr Tier ist. „Ich spiele doch jeden Tag so und so viele Stunden mit meiner Maus“, ist dann das gängige Argument. Doch wie lange beschäftigt man sich mit dem Tier? Eine Stunde? Zwei? Und was ist, wenn keine Zeit ist? Im Fazit bleibt die Maus fast den gesamten Tag (ca. 22h) einsam im Käfig – für ein Tier, das für permanenten Sozialkontakt geboren ist, eine psychische Tortur!

Zum anderen kann der Mensch das Kontaktbedürfnis einer Maus gar nicht erfüllen. Weder kann er ihre Ultraschallaute hören, noch kann er sie beantworten. Auch Kuscheln im Nest und Fellpflege fallen aus, ebenso wie die olfaktorische Kommunikation. Die einsame Maus hat also selbst dann niemanden zum „Reden“, wenn der Mensch da ist!

Der/die ist doch glücklich allein!

Manche Halter glauben tatsächlich, ihrem (sozialen!) Tier anzusehen, dass es allein glücklich ist. Interessanterweise handelt es sich hier durchweg um unerfahrene Halter, die sich mit dem Verhalten der von ihnen gehaltenen Spezies noch nicht intensiv befasst haben.
Holen sie dies nach, ändert sich in der Regel auch die Meinung. Subtile Zeichen des Leids werden sichtbar, wenn Sie wissen, wonach Sie suchen. Und plötzlich bröckelt die felsenfeste Überzeugung, die einsame, traurige Gestalt in dem Käfig sei glücklich.

Die Überzeugung rührt also eher von Unwissen sowie von einer Vermenschlichung der Tiere und ihres Verhaltens, als von real vorhandenem Glück her. Weil eine Maus nicht schreit, hungert oder apathisch in der Ecke sitzt und somit für den Menschen deutlich zeigt, wie sie sich fühlt, wird ihr Leid schnell übersehen. Was für Artgenossen ein deutliches Zeichen wäre, übersetzt der Mensch nicht, weil er es nicht wahrnimmt. MAchen Sie sich daher klar: Die menschliche Konversation und Mitteilsamkeit folgt anderen Konventionen als die von kleinen Säugetieren! Nur weil ich es nicht sehe, heißt das nicht, dass es nicht da ist – Luft sehe ich schließlich auch nicht!

Der/die mag keine Artgenossen!

Exemplaren sozialer Arten, die wiederholt und massiv aggressiv auf Artgenossen reagieren, wird mitunter unterstellt, sie wären aggressiv, weil sie allein sein wollen. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr gibt es eine ganze Reihe von Ursachen für die Aggressivität.

Vielleicht ist das Tier schon im Grundcharakter sehr dominant und daher in einer Vergesellschaftung eher schwierig. Vielleicht mögen sich die beiden Tiere aber auch einfach nicht. Wir mögen ja auch nicht jeden Artgenossen. Mitunter führen auch schlicht die Hormone zu Aggressionen. Kastriert sind diese Tiere schon sehr viel verträglicher und überaus dankbar für ihre Familie. Dazu gehören zum Beispiel die Männchen von Farbmäusen und Baumwollratten, in einigen Fällen auch die von Stachelmäusen und Vielzitzenmäusen.
Eine Ursache, die im Halter begründet liegt, ist die mangelnde Erfahrung bei der Vergesellschaftung und damit Fehler bei derselben, die zu aggressivem Verhalten führen. Ein erfahrener Halter unterbindet bei einer Vergesellschaftung Aggressionen rechtzeitig wirkungsvoll, ein unerfahrener Halter übersieht die Anzeichen und es kommt zum Streit der Tiere. Bei Unverträglichkeit sollten Sie also auch als Halter einmal ganz ehrlich in sich gehen, ob es nicht Ihr Fehler war.

Tiere aus Einzelhaltung bringen mitunter auch psychische Vorerkrankungen mit, die in Kontaktstörungen resultieren. Diese Störungen können sich dann in scheinbar grundloser Aggression äußern – sind jedoch ein Zeichen psychischer Krankheit, nicht des Alleinseinwollens! Auch Mäuse, die ihr ganzes Leben allein verbracht haben, gewöhnen sich noch an Artgenossen. Es bedarf lediglich etwas mehr Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
Gelingt die Vergesellschaftung dann endlich, kann man gut beobachten, wie die Tiere in der Gruppe aufblühen, mobiler und aktiver werden, sich das Freßverhalten normalisiert und sie sich gut in den Verband einfügen.

Der/die ist doch sooo alt geworden!

Manche Mäuse werden auch in Einzelhaltung sehr alt – was jedoch keinesfalls heißt, dass dieses lange Leben auch ein glückliches war. Zum einen weiß man niemals, ob das betroffene Tier im Gruppenverband nicht noch älter geworden wäre. Zum anderen gibt es natürlich auch hier Ausnahmen, die die Regel vom oft verkürzten Leben bestätigen.
Wer sein (soziales) Tier ein Leben lang allein hält, sollte sich einmal vor Augen halten, dass Einzelhaft beim Menschen – der auch nur ein soziales Tier ist! – als Foltermethode gilt. Und womit hat das kleine, unschuldige Tier denn Folter verdient?

 

Der/die ist zu alt für eine Vergesellschaftung!

Das Alter ist aber auch in anderer Hinsicht in der Argumentation zu finden. Einige Besitzer meinen immer noch, alte Mäuse seien schlicht zu alt für eine Vergesellschaftung. Richtig ist, dass Sie bei sehr alten Tieren Partnertiere wählen sollten, die eine möglichst stressfreie Vergesellschaftung versprechen. Schlimmer als der Stress einer Vergesellschaftung wäre jedoch der einsame Tod für das Tier.

Ich will keine neuen Mäuse mehr!

Wer mit der Haltung einer sozialen Tierart aufhören möchte, steht immer vor dem Problem: „Was mache ich mit der letzten Maus?“ Hierfür gibt es nur eine einzige Lösung, die dem zurückbleibenden Tier auch gerecht wird. Der Halter sucht rechtzeitig einen Platz in einer Gruppe für das verbliebene Tier oder besser noch für die letzten beiden Tiere. Ist die Zeit gekommen zieht die Maus dann in eine neue Familie um. So ist die Gesellschaft von Artgenossen gesichert, ohne dass die Haltung der Nager für Sie zur unendlichen Geschichte wird.

Ich habe kein Geld und/oder keinen Platz!

Eine eher mäßige Ausrede sind Geld- und/oder Platzmangel. Wer nicht das Geld und/oder den Platz für zwei bis vier Tiere hat, hat es auch nicht für eines. Die Mindestgruppengrößen der jeweiligen Arten brauchen auch nicht mehr Platz als ein Einzeltier. Und die Kosten im Unterhalt belaufen sich pro Maus eher auf Centbeträge, die jeder übrig haben sollte. Wer das nicht hat, kann auch nicht zum Tierarzt gehen, wenn eine Maus mal krank ist. Und die medizinische Versorgung sollte bei der Anschaffung von Tieren immer gewährleistet sein!

Mehr Mäuse machen mehr Arbeit!

Ähnlich mau ist die Ausrede, zwei Mäuse oder eine Kleingruppe würden mehr Arbeit machen als eine. Dabei müssen Sie auch bei diesen Mäusen nur einmal am Tag füttern und das Wasser wechseln. Sie müssen sie auch nicht öfter ausmisten als eine Maus. Der Aufwand ist für die soziale Haltung tatsächlich derselbe wie für eine einsame Maus. Ist das schon zuviel, sollten Sie auch ein Tier nicht anschaffen!